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Offener Brief: Spitzengespräch der Landesregierung mit den Gewerkschaften - Einsparung von Lehrerstellen

Medienmitteilung, 16.1.2014

"Sehr geehrter Herr Linn, sehr geehrter Herr Roth,

vor dem morgigen Spitzengespräch der Landesregierung mit den Gewerkschaften wenden wir uns mit diesem Offenen Brief an Sie, die Vorsitzenden von Deutschem Beamtenbund Saar und Deutschem Gewerkschaftsbund Saar.

Mitte des vergangenen Jahres haben Sie „das von der Saarländischen Landesregierung als notwendig erachtete Ziel einer Personalausgabenreduzierung von mindestens 2 400 Voll- zeitäquivalenten (120 Mio. Euro netto) bis zum Jahr 2020 zur Kenntnis“ genommen und vereinbart, über den Prozess der Ausgestaltung zu sprechen. Wir die Landeselterninitiative für Bildung haben uns in der Zwischenzeit mit dem Ziel der Landesregierung beschäftigt, im Bildungsbereich Lehrerstellen einzusparen.

Um eine Forderung an Sie, Herr Linn, voranzustellen: 

Nach der Saarbrücker Zeitung vom 9. November 2013 sollen Sie sich auf dem Landesjugendtag des DBB dafür ausgesprochen haben, im Bildungsbereich im gleichen Umfang Stellen zu kürzen wie in anderen Sparten des Landesdienstes. Dieses Ansinnen - soweit die Meldung zutrifft - weisen wir entschieden zurück und bitten Sie als Vorsitzenden eines Bundes, zu dem ja auch die Lehrerverbände SLLV und VDR sowie der Philologenverband gehören, Ihre Position zu korrigieren. Bildung ist im Saarland seit Jahrzehnten strukturell unterfinanziert. Darunter leiden Schüler, Lehrer und Eltern und das Bildungsniveau der Saarländerinnen und Saarländer. Deshalb dürfen im Bildungssystem keine Stellen gekürzt werden.

Und nun zu unserer Bitte an Sie beide, die gleichzeitig auch unsere Forderung an Sie, Herr Linn, begründet:

Die Landesregierung hatte in ihren Gesprächen mit den Gewerkschaften folgendes bekannt gegeben: Aufgrund der demografischen Entwicklung sei in den Jahren 2010 bis 2020 mit einem Rückgang der Schülerzahl um 21 Prozent zu rechnen. Die durch diesen deutlichen Schülerrückgang entstehende so genannte demografische Rendite umfasse ca. 1 400 Lehrerstellen. Diese bleibe komplett im Bildungssystem: 812 Stellen blieben weiterhin im Schulbereich und würden dort für Qualitätsverbesserungen genutzt: kleinere Klassen, Ausbau der Ganztagsschulen, Personalisierung der Inklusion, etc.. Die übrigen 588 Stellen würden innerhalb des Bildungsressorts umgeschichtet. D.h.: Sie werden für die Schulen gestrichen.

Nach unseren Informationen liegt der Behauptung eines 21-prozentigen Schülerrückgangs eine Prognose aus dem Jahr 2010 über die Entwicklung an allgemein bildenden Schulen zugrunde. Wir sind aufgrund von Prognosedaten des Bildungsministeriums von Ende Juni 2013 jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass in diesem Zeitraum nur von einer Abnahme der Schülerzahl an allgemein bildenden Schulen von 15,4 Prozent auszugehen ist, was einem rechnerischen Minderbedarf von 1 027 statt von 1 400 Lehrerstellen entspricht. Geht man gar von der Schülerzahl des Jahres 2013 (Jahr der Entscheidung des Abbaus) aus, kommt es nach den genannten Prognosedaten des Bildungsministeriums lediglich zu einem Rückgang der Schülerzahl bis 2020 von 10 Prozent. Das Bildungsministerium hat uns andere Zahlen der sog. demografischen Rendite genannt, wenn man auch die beruflichen Schulen und auch die Entwicklung der Anzahl der Klassen in die Berechnung einbezieht. Es hat aber - leider nur zaghaft - eingeräumt (Schreiben auf Abteilungsleiterebene vom 9.9.2013): „Neue Prognosen kommen zu dem Ergebnis, dass der Schülerrückgang möglicherweise etwas geringer ausfällt als 2010 angenommen.“

Wir bitten sie deshalb, die Landesregierung zur Vorlage aktueller Zahlen und aller Berechnungen zum Lehrerbedarf bis 2020 aufzufordern. Wir haben nämlich "erhebliche Zweifel", dass es bei der geplanten Einsparung von Lehrerstellen gelingt, die schulische Bildung zu verbessern und die im Koalitionsvertrag angekündigten und nur mit mehr Personal zu realisierenden Maßnahmen wie etwa kleinere Klassen an Grund- und weiterführenden Schulen, den Ausbau von Ganztagsschulen, die Umsetzung der UN-Behindertenkonvention - sehen Sie dazu die derzeitige öffentliche Reaktion -, der Ausbau der Lehrerfeuerwehr sowie das Kooperationsjahr Kindergarten/Grundschule tatsächlich umzusetzen.

Wie den Medien geht dieser Brief auch den Lehrerorganisationen zu."